Am 25.10.2018 fand in Zürich ein Forum der Schweizerischen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (SVWG) statt. Das Forum beschäftigte sich mit dem Thema der „Perspektiven des automatisierten Fahrens“. Auto-mat.ch war live vor Ort und gibt einen Überblick über die Vorträge.
Eröffnet wurde die Veranstaltung von Rico Maggi (Universitâ della Svizzera Italiana, Lugano) mit einer kurzen Einführung und der Aussage, dass das Programm des Forums nahezu alle Aspekte des Themas automatisiertes Fahren abbildet. Diese sehr gewagte Aussage legte die Wegmarke für die kommenden drei Fachvorträge.
Es begann Fabienne Perret (Ernst Basler & Partner (EBP) Schweiz AG) mit ihren Vortrag zum „Einsatz automatisierter Fahrzeuge im Alltag: Chancen aus Sicht der urbanen Schweiz“. Dabei handelt es sich um eine Studie der EBP, welche u.a. in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Städteverband entstanden ist und sich mit den Auswirkungen des automatisierten Fahrens auf Städte und Gemeinden beschäftigt. Für die Veranstaltung wurde gezielt die Thematik der urbanen Auswirkungen von automatisierten Fahrzeugen ausgewählt und vorgestellt.
Den Anspruch den Perret für die Studie betont, ist einen realistischen Entwicklungspfad für die Schweiz bei der Einführung automatisierter Fahrzeuge aufzuzeigen. Dafür wird von EBP eine sog. Storyline als Entwicklungspfad gewählt: Zunächst kommt das automatisierte Fahren auf der Autobahn, dann im Siedlungsraum, später auf Überlandstrassen. Erst ganz zum Schluss der Entwicklung vom automatisierten Fahren, so Perret, wird es gelingen alle Ebenen miteinander so zu verknüpfen, dass Fahrten zwischen diesen verschiedenen Szenarien möglich sein werden, mithin also automatisiertes Fahren auf Stufe 5. Diese Storyline zeichnet dann auch die Kaufargumente für automatisierte Fahrzeuge vor. Ist die Anwendung der Technik zunächst nur sehr beschränkt auf Autobahnen, so ist auch das Kaufargument zunächst nur die Erhöhung der passiven Sicherheit. Erst später tritt die Nutzung der Fahrzeit für andere Tätigkeiten in den Vordergrund, noch später die aktive Sicherheit und erst ganz zum Schluss der Storyline von EBP das Fahren ohne Fahrer.
EBP geht am Ende der von Ihnen aufgezeigten Entwicklung von einer Marktdurchdringung von 60% bei den automatisierten Fahrzeugen aus und einer Zunahme des Gesamtverkehrs auf 140% der heutigen Leistung, ohne dabei auf demographische oder andere Faktoren Rücksicht zu nehmen. Ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es lange Zeit einen Mischverkehr geben wird: einerseits zwischen automatisierten und nicht automatisierten Autos, andererseits zwischen automatisierten Fahrzeugen und nicht automatisierten Fortbewegungsmethoden (Velo, Motorrad, aktive Mobilität, usw.).
Die grösste Chance der wirtschaftlichen Anwendung sieht
Perret dann auch in neuen Angeboten des ÖIV, einem Kürzel welches sie neu
einführt, das eine Mischung aus den Wörtern ÖV und IV darstellt und erst durch
automatisierte Fahrzeuge möglich ist (individualisierte Fahrstrecken im
öffentlichen Verkehr). Schliesslich gibt Perret zum Schluss Ihres Vortrages
noch einen Ausblick, welche Themenfelder zum automatisierten Fahren noch
betrachtet werden sollten. Dazu gehören: Verkehrstechnik; Daten- und IT
Infrastrukturen; Angebotsformen im kollektiven Verkehr; Städte und Agglomerationen;
Ressourcen, Umwelt, Klima; Güterverkehr/City Logistic; Verkehrssicherheit. Mit
der Schlussbetrachtung, dass Städte nicht einfach die Automatisierung fördern
sollten, sondern Automatisierung gezielt auf Fragen der Verkehrs- und
Flächenverträglichkeit hin überprüfen sollen, schliesst sie ihren Vortrag. Im zweiten Vortrag von Widar von Arx (Hochschule Luzern
(HSLU) geht es um „Robo-Taxis und ÖV: Welche Potentiale?“. Widar von Arx stellt
eine Studie aus dem SBB Innovationsfond vor, in welcher es um die Auswirkungen
autonomer Fahrzeuge auf den ländlichen Raum geht. Das Untersuchungsgebiet ist
das Tösstal in der Nähe von Winterthur, welches als in sich abgeschlossenes Tal
als idealer Untersuchungsort verifiziert wurde. Die Annahme der Untersuchung
ist, die dortige vorhandene Bahnstrecke stillzulegen und dafür sog. Robo-Vans
einzusetzen. Dabei werden verschiedene Szenarien durchgerechnet hinsichtlich
ihres Kostendeckungsgrades: vom Ist-Zustand, über eine reine Automatisierung
des heutigen Zustands bis hin zum reinen Betrieb des Verkehrs im Tösstal durch
Robo Vans. Zunächst fällt auf, dass bei einer reinen Automatisierung es zu
keiner Verkehrssteigerung kommt, aber die Kostendeckung stark ansteigt. Erst
mit dem zusätzlichen Einsatz von Robo Vans kann dann auch eine
Verkehrssteigerung beobachtet werden, was aber auch die Kosten für den Betrieb
steigen lässt. Gleichwohl wird auch die Lösung mit den Robo-Vans als
kostendeckend errechnet. Im Folgenden stellt die Studie dann vor allem Anschlussfragen
für weitere Untersuchungen, so die Fragen, ob es noch Haltestellen braucht,
Welche Umwege und Zusatzfahrzeiten von Fahrgästen akzeptiert werden und wo
ideale Orte für Hubs von Robo Vans wären und wie diese ausgestaltet werden
müssten.
Im letzten Vortrag der Veranstaltung beschäftigt sich Christian Laesser (Universität St. Gallen) mit dem Thema „Autonomes Fahren: Was will eigentlich der Konsument?“ Es handelt sich um eine Studie, ebenfalls aus dem SBB Innovationsfonds finanziert, auf Grundlage einer Befragung von ca. 1000 Personen. Laesser stellt einige Antworten vor. So sehen die meisten Befragten den Vorteil des automatisierten Fahrens in der Erleichterung in anstrengenden Situationen, so z.B.: im Stau oder beim Einparken. Gleichzeitig gibt es viele Bedenken gegenüber Kosten einerseits und Datenschutz und –sicherheit andererseits. Die Kauf- und Leasingbereitschaft bei automatisierten Fahrzeugen wird als sehr gering bewertet, da das Fahrzeug nur noch auf seinen funktionalen Wert reduziert ist. Dennoch können sich heutige Autobesitzer auch in Zukunft den Privatbesitz eines automatisierten Fahrzeuges vorstellen. Laesser betont aber auch, dass die Aussagen der Studie insofern mit Vorsicht zu geniessen sind, da sich die meisten Personen überhaupt nicht vorstellen können, was automatisiertes Fahren ist.
Den Abschluss der Veranstaltung bildet dann eine kurze, gemeinsame Diskussion, welche sich um drei Fragestellungen dreht: Privatbesitz am automatisierten Fahrzeug? Ist der ÖV aufgestellt für automatisierte Fahrzeuge? Ist die Förderung von Sharing die Förderung der Verlagerung vom ÖV auf den IV? Auffällig ist, dass zu jeder Frage sich jeweils zwei fast gleichgrosse Lager mit gegenteiliger Meinung bilden. Wie so oft wird wohl erst die Zukunft die Antworten auf diese Fragen zeigen
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