Wer zahlt den Schaden, wenn ein selbstfahrendes Auto verunfallt?

Um es kurz zu machen: Wir wissen es auch nicht.

Es ist eine Frage ohne Schnickschnack, die Herr Ruedi D. uns stellt. «Guten Tag», schreibt er, «kann mir die Ask-Force erklären, wer den Schaden bei einem Autounfall mit einem selbstfahrenden Auto zu bezahlen hat?» Und er fügt noch eine ergänzende, leicht richtungsweisende zweite Frage an: «Gehen eventuell die Fabrikanten sogar davon aus, dass ihre Fahrzeuge unfehlbar sind?»

Zuerst wollen wir ein paar mögliche Unfälle skizzieren, damit wir wissen, wovon wir sprechen.

Unfall Nr. 1: Sie, Herr D., sind in einem «normalen» Auto unterwegs und kollidieren seitlichfrontal mit einem korrekt entgegenkommenden selbstfahrenden Auto, weil Sie gemäss Polizeimitteilung «vermutlich aufgrund der Ablenkung durch einen Hund auf dem Beifahrersitz» auf die Gegenfahrbahn geraten sind. Sie zahlen.

Unfall Nr. 2: Sie sind in einem selbstfahrenden Auto unterwegs, das noch über ein Steuerrad verfügt. In einer Rechtskurve kollidieren Sie seitlichfrontal mit einem korrekt entgegenkommenden Auto, weil Sie laut Polizeimitteilung «ausprobieren wollten, ob Ihr Auto die Kurve auch dann noch kriegt, wenn Sie das Steuerrad sanft blockieren». Sie zahlen.

Unfall Nr. 3: Sie dösen in Ihrem selbstfahrenden Auto, als dieses von einem anderen selbstfahrenden Auto seitlichfrontal gerammt wird, weil dessen Fahrer sich laut Polizeimitteilung «während der Fahrt umziehen wollte und mit dem Fuss im Steuerrad hängen blieb». Der andere zahlt.

Unfall Nr. 4: Sie sind der Besitzer von zwei selbstfahrenden Autos. Das eine hat Ihr Kind in der Schule abgeholt und ist nun auf dem Heimweg. Das andere hat Ihren Hund an Bord und ist unterwegs zum Bremgartenwald, damit er dort den einen oder anderen Jogger vergrämen kann. Nicht weit von Ihrem Haus entfernt kollidieren die beiden Fahrzeuge seitlichfrontal, weil der Hund gemäss Polizeimitteilung «die Scheibe heruntergelassen, den Kopf hinausgestreckt und einen Sensor abgeleckt hat». Wer zahlt, ist unklar. Sie aber fahren mit ihrem «normalen» Auto, das noch in Ihrer Garage steht, zur Grauholzraststätte, wo Sie Ihren Hund an einer Leitplanke anbinden.

Unfall Nr. 5: Sie fahren in Ihrem selbstfahrenden Auto durchs Quartier, um Musik zu hören. Mit geschlossenen Augen lauschen sie Wagners Ritt der Walküren. Plötzlich kollidiert Ihr Auto seitlichfrontal mit einem Betonelement. Gemäss Polizeimitteilung hatte Ihr Auto ein halbes Dutzend Kürbisse in einer Urban-Gardening-Anlage als Kindergartenkinder interpretiert. Zum harten Aufprall kam es, weil Ihr Auto – gegen einen stolzen Aufpreis – so eingestellt worden war, dass es im «Konfliktfall» erst dann gegen «nicht-weiche Hindernisse» ausweicht, wenn andernfalls mehr als fünf Drittpersonen gefährdet sind.

Mit dieser Auslegeordnung wollen wir Ihnen vor Augen führen, Herr D., dass es auch bei selbstfahrenden Autos nicht einfach d e n Unfall gibt. Selbstverständlich aber wissen wir, wovon Sie sprechen: Sie meinen Unfälle, bei denen der Fehler beim Auto und nicht beim Fahrer liegt. Die Sache scheint uns da einigermassen klar zu sein, auch wenn wir keine Versicherungsexperten sind: Bei einem solchen Unfall zahlt letztlich der Hersteller. Jedenfalls nicht Sie – sofern Sie beweisen können, dass Sie nicht dazu aufgefordert worden waren einzugreifen.

Veröffentlichung:
09. November 2017

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